Corporate & Commercial
Deutsch-Französischer Rechtsverkehr
Frankreich ist einer, wenn nicht der wichtigste Handelspartner von Deutschland. Gerade zwischen Unternehmen aus Baden-Württemberg und solchen aus unserem Nachbarland jenseits des Rheins bestehen vielfältige Handelsbeziehungen. Dies bringt es unweigerlich mit sich, dass immer wieder auch juristische Probleme und Fragestellungen im deutsch-französischen Wirtschaftsverkehr auftreten. So kommt es leider auch immer wieder vor, dass französische Kunden von deutschen Lieferanten zahlungsunfähig werden (genau wie natürlich auch umgekehrt). Im Fall der Insolvenz eines französischen Käuferunternehmens ist es besonders wichtig, die laufenden Fristen für die Forderungsanmeldung und ggf. die Geltendmachung von Eigentumsrechten einzuhalten und bei den richtigen Personen einzureichen.
In französischen Insolvenzverfahren haben Gläubiger es gewöhnlich mit zwei verschiedenen Ansprechpartnern zu tun: dem Mandataire judiciaire als Gläubigervertreter und dem Administrateur judiciaire als Verwalter der Insolvenzschuldnerin.
Gemäß Art. R622-24 des französischen Handelsgesetzbuches (Code de commerce) müssen Insolvenzforderungen innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung des Insolvenzeröffnungsbeschlusses im französischen Staatsanzeiger (BODACC) beim Mandataire judiciaire angemeldet werden, wobei diese Frist für Gläubiger im Ausland um weitere zwei Monate verlängert wird.
Eigentumsvorbehaltsrechte müssen gemäß Art. L624-9 Code de commerce innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung des Eröffnungsbeschlusses beim Administrateur judiciaire geltend gemacht werden. Es handelt sich hierbei um eine unbedingt einzuhaltende Notfrist, welche die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt („délai préfix“).
Der Administrateur judiciaire hat dann die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Erhalt des Herausgabeverlangens diesem stattzugeben. Soweit er dies ablehnt oder überhaupt nicht innerhalb der Monatsfrist reagiert, muss der Gläubiger spätestens innerhalb eines weiteren Monats nach Ablauf der ersten Monatsfrist den Juge-commissaire (entspricht unserem Insolvenzrichter) anrufen (Art. R624-13 Code de commerce). Versäumt der Gläubiger dies, kann der Gläubiger sich im Insolvenzverfahren nicht mehr wirksam auf den Eigentumsvorbehalt berufen. Dies schließt jedoch die Möglichkeit nicht aus, ggf. gegenüber einem bösgläubigen Dritterwerber Eigentumsrechte geltend zu machen (Entscheidung des franz. Kassationsgerichtshofes vom 15. Dezember 2015, n°13-25.566).
Damit ein Eigentumsvorbehalt aus französischer Sicht als wirksam anerkannt wird, muss er spätestens im Zeitpunkt der Lieferung schriftlich vereinbart worden sein (Art. L621-122 Code de commerce). Es genügt somit auch in laufenden Geschäftsbeziehungen nicht, in den Rechnungen auf die eigenen Lieferbedingungen mit dem Eigentumsvorbehalt hinzuweisen.